Reine Schikane

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Hugo
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Beitrag von Hugo »

Tanya hat geschrieben:
Es ist das Wichtigste, dass du von den Schülern ernst genommen wirst und ein gutes Kursklima hast!
Nein. Das ist eine schöne und wünschenswerte, aber nicht zentrale Nebensache.
Hauptauftrag ist der der Bildung, nicht der des Wellnessaufenthaltes für Schüler.
@Tanya: Ja!!! Lernen MUSS und KANN nicht immer Spaß machen. Ist halt so, da müssen alle Beteiligten durch. Und es ist ziemlich fatal, wenn Lehrer sich nicht mehr trauen, Leistung einzufordern, denn ohne dass die SChüler an die Grenzen kommen, können sie diese auch nicht ausweiten ("an Grenzen kommen" heißt nicht = "überfordern").

Tanya
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Beitrag von Tanya »

Bsp.
Bildungsplan: Die S. können Briefe verfassen.
Stundenziel: Die Schüler schreiben ein Brief.
Ergebnis: Jeder Schüler hat einen Brief und trägt diesen vor.
UND: dieser Brief entspricht den Anspruchskriterien für einen Brief der entsprechenden Altersstufe/Klassenstufe und ist nicht "irgendein Geschreibsel" mit Anrede und Gruß, also ein Lernrückschritt!

@Hugo: schmerzhaft für alle, die von dauerstrahlenden Kinderaugen in faszinierten Gesichtern mit offenen Mündern und von Liebesbriefen der Schüler in wäschekörberweiser Menge träumten - aber dennoch wahr. Und besser früh erkannt, als spät bereut...

Lausitzerin
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Beitrag von Lausitzerin »

paro hat geschrieben:Stimmt, bei der Sache mit dem Ergebnisse-Vortragen wäre noch spannend:
Hast Du Dein Stundenziel in DEINER FORMULIERUNG erreicht?
Hast Du Deine Teilziele erreicht?
Waren diese Lernziele an Kompetenzen im Bildungsplan angelehnt?

Bsp.
Bildungsplan: Die S. können Briefe verfassen.
Stundenziel: Die Schüler schreiben ein Brief.
Ergebnis: Jeder Schüler hat einen Brief und trägt diesen vor.
In Niedersachsen mussten wir (Ref. 2003 - 2005) Lernziele formulieren. Das, was Du aufführst ("Die Schüler schreiben einen Brief"), wäre in einem UB oder Lehrprobe ein richtiger Reinfall geworden; in unserem Studienseminar galt sowas als Handlungs-, aber nicht Lernziel und somit als "böse".

VG, Lausitzerin

Tanya
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Beitrag von Tanya »

Wenn man etwas vorher nicht konnte/wusste und hinterher aber schon, dann ist es ein Lernziel. Wenn der Brief gechrieben wird um etwas ganz anderes zu lernen (z.B. indirekte Charakterisierung: Brief über eine Figur etc) dann ist das Briefschreibenkönnen an sich kein Lernziel. Kommt also drauf an...

Wobei die haarspalterische Namensgebung für Lernziele und Phasen im Ref - wie auch die peinlich genaue und damit lächerliche Trennung von Didaktik und Methodik - eh so eine Unsinnsveranstaltung ist. Wie oft glaubt ihr macht ihr euch im Beruf Gedanken darüber, ob dieser oder jener Teil eures genialen Unterrichtsplanungsgedankens jetzt Methode oder Didaktik ist?
Genau - nie.
Äh - das heißt, wenn man nicht gerade einen Referndaren zu betreuen hat, dem man dabei helfen muss (ich gestehe, dass ich dabei dann aber immer mit den Zähnen knirschen muss: so ein Quatsch!)

Lausitzerin
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Beitrag von Lausitzerin »

Tanya hat geschrieben:Wenn man etwas vorher nicht konnte/wusste und hinterher aber schon, dann ist es ein Lernziel. Wenn der Brief gechrieben wird um etwas ganz anderes zu lernen (z.B. indirekte Charakterisierung: Brief über eine Figur etc) dann ist das Briefschreibenkönnen an sich kein Lernziel. Kommt also drauf an...

Wobei die haarspalterische Namensgebung für Lernziele und Phasen im Ref - wie auch die peinlich genaue und damit lächerliche Trennung von Didaktik und Methodik - eh so eine Unsinnsveranstaltung ist. Wie oft glaubt ihr macht ihr euch im Beruf Gedanken darüber, ob dieser oder jener Teil eures genialen Unterrichtsplanungsgedankens jetzt Methode oder Didaktik ist? Genau - nie. Äh - das heißt, wenn man nicht gerade einen Referndaren zu betreuen hat, dem man dabei helfen muss (ich gestehe, dass ich dabei dann aber immer mit den Zähnen knirschen muss: so ein Quatsch!)
Jedes Seminar hat wohl seine eigenen Vorstellungen von der Formulierung der Lernziele. Aber "Die Schüler schreiben einen Brief" ist wohl ausser für Schüler der 1. Klasse kein Lernziel - denn welcher Schüler hat das nicht schon mal vorher gemacht, ggf. in Form einer Mail / SMS / Postkarte / ...?
Schreiben können sie auch schon, also ist in dem Ziel "Die Schüler schreiben einen Brief" kein Lernfortschritt erkennbar.

Natürlich wird sich die Unterrichtsplanung im realen Lehrerleben anders gestalten, schon aus zeitökonomischen Überlegungen. Jedoch geht es hier um Lehrproben im Referendariat, und wenn da nicht Planung und Geschehen (inkl. Erreichen der Lernziele) übereinstimmen, ist es zwar nicht gleich eine Katastrophe, aber der Referendar muss sich erklären.

Aber auch im "späteren Lehrerleben" fände ich es angebracht, zu überlegen, warum man manche Sachen mit den Schülern macht. Ich betreue gerade Primarstufen-Studierende, die im Praktikum sind und sehe dabei auch die eine oder andere Stunde von "gestandenen Lehrerinnen". Besonders in der Primarstufe scheint es mir so, als ginge "Methode über alles". Wenn ich die Studierenden in der Nachbesprechung einer U-Stunde wirklich wertneutral und interessiert frage, warum sie dieses Thema in der Unterrichtsstunde behandelt haben, sagen sie ganz oft "Ich hatte da diese Werkstatt" / "Ich hatte da die tollen Arbeitsblätter" / "Ich wollte unbedingt mal wieder Arbeit an Stationen machen."

Die Lernziele fallen dabei im schlimmsten Fall ganz weg bzw. werden der Methode angepasst. Bei solchem Vorgehen kommt als Lernziel im Musikunterricht heraus: "Die Schülerinnen und Schüler singen das Lied xy. Die S&S begleiten das Lied xy mit dem Orff-Instrumentarium. Die S&S bewegen sich im Raum zum Lied." Toll, haben sie ja auch noch nie gemacht, ist für alle was ganz Neues! :roll:

Für den Sachunterricht sieht es so aus: "Die S&S arbeiten an Stationen. Die S&S bearbeiten die Pflichtarbeitsblätter. Die S&S, welche die Pflichtarbeitsblätter schon bearbeitet haben, gehen zu den Wahlarbeitsblättern über." Der letzte Satz ist dann Instrument der Differenzierung und Lernziel zugleich. :roll:

Solche Beispiele könnte ich massenhaft liefern. Ich sehe die Problematik bei und mit den Lernzielen wirklich dort, dass sich viele Studierende (meinetwegen auch Referendare) zunächst die Material- und Methodengedanken machen, und dann krampfhaft probieren, dazu Lernziele zu finden.

Eigentlich sollte die Unterrichtsplanung eher andersherum geschehen: 1) Lernziele überlegen und mit z.B. dem Curriculum abstimmen, 2) passende Methode überlegen.

Und ein Lernziel ist nunmal dadurch gekennzeichnet, dass die S&S nach dem Unterricht ihr Wissen, ihre Fähigkeiten/Fertigkeiten oder Einstellungen erweitert haben und nach dem Unterricht etwas wissen, können, denken, was sie vorher noch nicht oder nur begrenzt wussten, konnten, dachten.

VG, Lausitzerin.

Tanya
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Beitrag von Tanya »

Aber "Die Schüler schreiben einen Brief" ist wohl ausser für Schüler der 1. Klasse kein Lernziel - denn welcher Schüler hat das nicht schon mal vorher gemacht, ggf. in Form einer Mail / SMS / Postkarte / ...?
Schreiben können sie auch schon, also ist in dem Ziel "Die Schüler schreiben einen Brief" kein Lernfortschritt erkennbar.
Naja, erzähl das mal einem Lehrer an einer Schule für Lernhilfe...
Aber auch im "späteren Lehrerleben" fände ich es angebracht, zu überlegen, warum man manche Sachen mit den Schülern macht.
Ehrlich, das erübrigt sich - nach ein paar Jahren und zumindest am Gymnasium. Wir haben einen Lehrplan, der so voll ist, dass sich die "Was"Frage nicht mehr stellt. Und die "Warum" Frage könnte man den Lehrplanmachern zwar oft und gerne stellen, aber die hören ja nicht zu. Stellt sich also auch nicht wirklich. Folglich bleibt im realen Leben nur die frage: "Wie biege ich das geforderte meinen Schülern am nachhaltigsten bei?"

Aber das ist vielleicht gymnasiums- spezifisch, ich weiß es nicht. Und natürlich spreche ich hier vom Lehrerleben mit ein bisschen Routine. Ich habe selbstverständlich eine "gefühlte" Didaktik im Bauch, aber die brauche ich nicht mehr ins Bewusstsein hervorzukramen. Es sei denn, wie gesagt, ich betreue Referendare...

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