Burnout im Referendariat

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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Franny-Lu
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Burnout im Referendariat

Beitrag von Franny-Lu »

Ich habe mich nun teilweise durch die Foren gelesen und festgestellt, dass es Referndar*innen gibt, die genauso sehr unter dem Referendariat leiden wie ich es getan habe und dass dies oft vor allem diejenigen sind, die dem System Schule besonders kritisch gegenüber stehen.
Ich selbst habe während dem Referendariat unter einer Burnout-Symptomatik gelitten, war aber nur zweimalkurz wegen Magenproblemen krank geschrieben, weil ich das nicht erkannt habe, dass das ein Burnout ist. Obwohl ich starke Schlafstörungen hatte, ständig irgendwelche Wehwehchen hatte, die ganze Zeit schlecht drauf war und im privaten Umfeld immer mehr Schwierigkeiten bekommen habe, ist irgendwie niemand - bis auf eine einzige Freundin, die selbst mal Referendariat gemacht hat - auf die Idee gekommen mir zu raten das Ref zu unterbrechen und mich lieber mal um meine geistige und körperliche Gesundheit zu kümmern. Ich selbst habe das leider auch nicht erkannt, was aber bei Burnout eben typisch ist.
Der Grund warum ich das hier erzähle ist, dass ich das Referendariat zwar geschafft habe, aber danach in eine heftige Depression gefallen bin. Zwar hat diese Depression sicher auch noch andere Ursachen (und ich hatte vor zwanzig Jahren auch schon mal eine schwere Depression), aber ich finde es schon bezeichnend, dass sie genau im Referendariat aufgetaucht ist, denn ich hatte davor auch schon viele anstrengende Zeiten in meinem Leben, in denen ich gesund geblieben bin.
Das Hauptproblem im Referendariat ist - wie ich denke - das Machtgefüge, dem wir als Referendar*innen ausgesetzt sind und gegen das wir uns nicht richtig wehren können, weil uns bei einer Gegenwehr letztlich die berufliche Laufbahn zerstört werden kann.
Ich möchte allen sehr gefrusteten, kritischen (im Sinne einer Kritik am System Schule und dem ökonomischen Umbau der Schule) Referendar*innen in diesem Forum mit auf den Weg geben, sich in dem System nicht zu sehr aufzureiben, sondern mit ihrer Kritik mäßig umzugehen und danach an einer freien Schule zu arbeiten und allen gefrusteten, wirklich leidenden (im Sinne von Burnout bzw. Fast-Burnout) Referendar*innen möchte ich mit auf den Weg geben eine echte Pause von mehreren Monaten einzulegen und in dieser Zeit zu analysieren, was da eigentlich schief läuft. Sucht alle die Schuld nicht zu sehr bei euch selbst, denn das, was von den Referendar*innen verlangt wird, ist ein bisschen wie die eierlegende Wollmilchsau, es ist einfach nicht möglich alle Wünsche und Ansprüche zu erfüllen. Vor allem auch nicht die eigenen.
Da ich nun aufgrund meiner Depression schon eine längere Zeit krank geschrieben bin, habe ich einen Blog angelegt, in dem ich mich u.a. auch mit der Thematik des Burnout im Referendariat beschäftige. Vielleicht habt ihr ja Lust da mal reinzuschauen.
https://wunderlandunter.wordpress.com/

Jméno
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Jméno »

Ich sehe in Deinem Beitrag und in Deinem Blog (in dem ich mir, zugegebenermaßen, nur die zwei expliziten Referendariatsbeiträge durchgelesen habe) zwei Grundtendenzen. Zu beiden mag ich Dir gerne ein Feedback geben, zu beiden kann ich aber vorab sagen, dass ich Deine Darstellung - möglicherweise induziert durch Deine eigenen Erfahrungen und Deine eigene Situation - zu pauschal fand. Du erliegst der Versuchung, Dich und Deine Ansichten nur wenig reflektiert auf eine Mehrheit oder gar die Allgemeinheit zu projizieren. Konkret:


• Ökonomisierung und „kritische Geister“
Wiewohl man an etlichen aktuellen Reformen berechtigte Kritik üben kann, verfällst Du einem Fehler, den viele protestierende Studenten machen: Du nimmst als gegeben hin, dass früher alles besser war. Die monierst in Deinem Blog die Abwesenheit kritischer Geister in der Schule, „anders als es vielleicht noch in den 80er Jahren war“; mag sein, dass damals ein paar mehr bebirkenstockte Gestalten durch die Schulflure geweht sind, die in einem anderen Leben in der U-Bahn Geld für den Vietcong gesammelt haben (zynisch zugespitzt scheint das zu sein, was Du unter einem „kritischen Geist“ verstehst) - dafür gab es auf der anderen Seite auch noch all jene, die für eine Leitkultur weißer, christlicher, patriotischer Männer standen. Ob das wirklich die wünschenswerteren Zustände in deutschen Schulen waren?

Mehr noch, ein kluger Geist (angeblich der Musiker Eddie van Halen) soll gesagt haben: „Man muss die Regeln kennen, bevor man sie bricht“. In diesem Sinne finde ich es völlig kontraproduktiv, „an einer Realschule in Norddeutschland“ kritische Geister suchen zu wollen. Ohne eine gute (!) Basis aus Wissen und Kenntnissen, was Sachlage ist und wie sie entstanden ist, muss nämlich jede Kritik pauschal und oberflächlich bleiben. Dann ist es Kritik um der Kritik willen, mithin eine Auslebung des misanthropischen Elfenbeinturms.


• Burn-Out und Abbruch
Du fragst in Deinem Blog rhetorisch: „Warum bildet der Staat seine Lehererinnen [sic!] und Lehrer so aus, dass hinterher die meisten sagen, das Referendariat sei die schlimmste Zeit ihres Lebens gewesen?“ - und ich frage mich und Dich: woher nimmst Du dieses „die meisten“? Das ist eine pauschale Unterstellung. Sie mag Deine Thesen stützen, sie wird aber dadurch nicht automatisch wahrer. Für einen „kritischen Geist“ hätte ich da etwas mehr Selbstkritik erwartet!

Ferner mokierst Du Dich über Ratschläge an Referendare, man solle durchhalten. Du schreibst: „Aber Durchhalten ist meiner Meinung nach absolut nicht die richtige Lösung.“ - auch das: total pauschal! Ist Dir je in den Sinn gekommen, dass ein gewisser Teil derjenigen, die sich hier den Frust von der Seele schreiben, einfach nur das wollen: ein Ventil für einen temporären Frust? Dass nicht gleich jeder, der nach einem Unterrichtsbesuch heimgeht und den Tag scheiße fand, gleich am Rande eines Burn-Outs oder einer Depression steht? Ich bezweifele gar nicht, dass auch sowas passiert - und bei jedem Menschen, dem es so geht, ist es ein Mensch zu viel! -, aber es ist eben nicht die Mehrheit, schon gar nicht die Allgemeinheit.


Kurzum: Sei Dir meines Mitgefühls für Deinen Burn-Out versichert. Aber die Übertragung Deiner Ansichten fand ich zu platt, zu monokausal, zu pauschal, um in irgendeiner Weise überzeugend zu sein.
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

User65
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von User65 »

Franny-Lu hat geschrieben:Das Hauptproblem im Referendariat ist - wie ich denke - das Machtgefüge, dem wir als Referendar*innen ausgesetzt sind und gegen das wir uns nicht richtig wehren können, weil uns bei einer Gegenwehr letztlich die berufliche Laufbahn zerstört werden kann.
Sehe ich nicht so. In jedem sozialen System haben Menschen Macht über andere Menschen. Und allein dadurch wird niemand krank. Das Hauptproblem in der zweiten Phase der Lehramtsausbildung sind die amorphen Ansprüche der Vorgesetzten. Wenn man den Leuten nicht ganz klar und in allen Einzelheiten sagt, was von Ihnen wann und in welcher Zeit erwartet wird, muss man sich auch nicht wundern, dass etwas herauskommt, dass man sich so nicht vorgestellt hat. Mich hat das immer an einen Hausherrn erinnert, der seinem Gärtner sagt, dass er den Garten schön machen soll und sich dann nach 14 Tagen wundert, dass der Gärtner seinen Geschmack nicht gefunden hat.

Meine Tochter bekam nach der Führerscheinprüfung von ihrem Prüfer folgendes zu hören: "Im Prinzip können Sie gar nicht Auto fahren. Sie verhalten sich sehr unsicher und zögerlich und fahren nur gerade so schnell wie es unbedingt sein muss. Sie sind abgelenkt, nervös und unkonzentriert und komplizierten Verkehrssituationen überhaupt nicht gewachsen. Das Problem ist jetzt allerdings, dass Sie in dieser Prüfung keinen Fehler gemacht haben, was daran liegt, dass zur Zeit auf den Straßen nichts los ist. Deshalb muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie die Prüfung bestanden haben." Bei einer Lehramtsprüfung würde das niemals so laufen.
Jméno hat geschrieben:bebirkenstockte Gestalten durch die Schulflure geweht sind, die in einem anderen Leben in der U-Bahn Geld für den Vietcong
Das waren keine kritischen Geister sondern Idioten, die später durchaus konsequent zur konservativen Dosenpfandpartei gelaufen sind.
Man kann auch ohne Alkohol Spaß beim Feiern haben. Aber ich gehe auf Nummer sicher.

CambriaE
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von CambriaE »

User65 hat geschrieben:Wenn man den Leuten nicht ganz klar und in allen Einzelheiten sagt, was von Ihnen wann und in welcher Zeit erwartet wird,
Das war bei mir nicht so. Wir haben vom Seminar ständig Kompetenzbögen bekommen und ausfüllen müssen. Jeder U-Besuch besteht aus Verbesserungsvorschlägen. Meine Mentorin hat auch Tacheles geredet. Allerdings muss auch ein bisschen Reflexionsvermögen des LAAs vorhanden sein. Alles vorkauen geht nicht.

luztgv34

Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von luztgv34 »

Burnout is die Depression für Akademiker.

Hat nix mit Überarbeitung, was du hier meinst, zu tun.

Frage mich in 2 Monaten nochmal, wenn ich endlich angefangen habe, wie ich dann zu dieser Aussage stehe: Ich habe neben dem Studium viele Nebenjobs gehabt und stand die letzten 5 Jahre ständig unter Stress. Ich habe einen regelrechten Hass auf Leute bekommen, die sich am Wochenende nicht gearbeitet haben, sondern faul waren. Seit 5 Monaten bin ich im Ausland und arbeite popelige 15 Stunden die Woche und habe sogar 3 volle Tage frei. Ich finde die Faulenzerei ganz gut ehrlich gesagt, aber vielleicht auch nur, weil ich weiß, dass es bald wieder anders lang geht. Klar wird das Referendariat allein wegen der Existenzängste bei schlechter Benotung/Durchfallen kein Spaziergang, aber wenn ich das vorher weiß, dann kann ich mich doch innerlich davon abkapseln und rein rational denken, nach dem Motto "Hirn aus, Autopilot an" oder? Und da das Ref nur begrenzt auf maximal 2 Jahre ist, ist doch ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen.

Andererseits stehe ich persönlich dem System Schule auch sehr kritisch gegenüber und auch den Lehrern größtenteils, weil ich finde, dass die alle keine Ahnung vom echten Leben haben, wenn sie immer ein Auffangnetz hatten und vom Abitur sofort an die Uni gegangen sind und nicht nebenbei gearbeitet haben. Diese Einstellung meinerseits NICHT verbal oder nonverbal zu kommunizieren wird meine persönliche Herausforderung in den nächsten 18 Monaten.

Aber wie gesagt - frag mich in 2 Monaten nochmal, ob ich bei dieser Aussage bleibe.

Revisor
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Revisor »

Verzweifelt1234 hat geschrieben:weil ich finde, dass die alle keine Ahnung vom echten Leben haben, wenn sie immer ein Auffangnetz hatten und vom Abitur sofort an die Uni gegangen sind und nicht nebenbei gearbeitet haben
Na, dann ist es ja kein Wunder, dass das parasitäre Pack ständig in Depressionen verfällt, wenn es sich nicht vor dem Schuldienst an der Edeka-Kasse sittlich gestählt hat. 8)

CambriaE
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von CambriaE »

Verzweifelt1234 hat geschrieben:sehr kritisch gegenüber und auch den Lehrern größtenteils, weil ich finde, dass die alle keine Ahnung vom echten Leben haben, wenn sie immer ein Auffangnetz hatten und vom Abitur sofort an die Uni gegangen sind und nicht nebenbei gearbeitet haben.
Klar - ALLE Lehrer haben NIEMALS ECHT in ihrem Leben gearbeitet. KEIN Lehrer musste neben dem Studium arbeiten, weil ja ALLE von ihren Eltern Geld bekommen haben. Die Tätigkeit eines Lehrer ist ja auch nicht wirklich mit Arbeit vergleichbar...
Verzweifelt1234 hat geschrieben:Ich habe einen regelrechten Hass auf Leute bekommen, die sich am Wochenende nicht gearbeitet haben, sondern faul waren.
Merke: Lehrer arbeiten generell NICHT am Wochenende - KEINER! Wir liegen z.B. auf dem Sofa bei Chips und Bier und gucken Britt oder die Wollnys. Übrigens wird auch NICHT nach der Schule gearbeitet.
Verzweifelt1234 hat geschrieben:Diese Einstellung meinerseits NICHT verbal oder nonverbal zu kommunizieren wird meine persönliche Herausforderung in den nächsten 18 Monaten.
Na, das hoffe ich mal auch - für dich.

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