Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

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lavinia21
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von lavinia21 »

Muss ich hier anführen, dass ich seit Anfang dieses Schuljahres in den meisten Klassen mit einem wahsinnigen Zuwachs an Rechtsradikalismus zu kämpfen habe und ein gutes Stück meiner (Unterrichts-)Zeit dafür aufwenden muss, Schüler wieder halbwegs auf den "rechten" Weg zu bringen? Und hier geht es nicht nur um ein bissi rechtsradikales Geschwätz, sondern um Schüler, welche bereits Aufnahmerituale usw. hinter sich haben, die im Unterricht oder auf der Straße Lieder singen, die öffentliche Anfeindungen herausgeben bzw. Krawalltaten begehen und bei Demos mitlaufen, deren Handys/PCs von diesem Mist übervoll sind und die ihre Gesinnung öffentlich nach Außen tragen.
Weißt du was es heißt, 16,17 oder 18 jährige Jungs aufzuklären ohne sie direkt in die Arme der Zelle zu treiben?

Ich denke, du gehts noch recht naiv an die Sache heran, aber du fängst ja auch gerade erst an. Glaube mir, du wirst dich über jedes normale Mobbing oder Messergezücke freuen, wenn du erstmal weißt, was hinter dieser rechten Szene steckt und wie sie heutzutage auf die Kids wirkt.

kecks
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von kecks »

Erzähl mal - wie genau läuft das ab? Bundesland? Schulart? Bei uns ist das gottseidank nicht so wild, wenigstens nicht bei unserer Schülerklientel.

lavinia21
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von lavinia21 »

Wie läuft was ab?

Bei uns gibt es im Umland wohl seit den 90er Jahren eine recht engagierte, aber auch sehr gewaltbereite und extreme rechte Gruppierung. Morde, Überfälle, Gewalttaten gehen auf deren Konto und die meisten haben schon mal eingesessen. Ich habe das durch Zufall mitbekommen, da einer meiner Schüler seit letztem Jahr dort sehr involviert ist. Naja, und es breitet sich immer mehr aus. Da unser Klientel zu 99% männlich und nahezu erwachsen ist, sind die Chancen relativ hoch, dass sie davon angezogen werden. Auf jeden Fall wird es immer extremer. Aus Sicht eines unaufgeklärten Jugendlichen vom Lande, kann ich ihre Beweggründe, sich der Gruppe anzuschließen, nachvollziehen. Dennoch muss man sie warnen, aufklären und da raus holen. Meine Schüler haben sehr viel Vertrauen zu mir, daher weiß ich meist mehr als die Eltern und oft lassen sie sich durch mich eher beeinflussen. Dennoch ist es eine Gradwanderung, da ich nicht sagen kann "Alles Rechte ist Mist. Schaut, was du damals gemacht haben usw..." - genau das treibt sie dann nämlich zur rechten Szene hin. Meist ist es auch eher der Patriotismus, der sie treibt, der Wille, etwas zu verändern. Aber dadurch, dass sie nicht wissen wie sie etwas bewirken können, schließen sie sich der rechten Szene an - die will verändern, die will alles verbessern, die lässt leicht verständliche Parolen verlauten, die nimmt die Jugendlichen auf, die umgarnen sie und ja, die meisten sind nicht mal auf den AH-Trip, sondern sehen Vieles sogar kritisch - natütürlich kommt es dabei auch auf den Bildungshintergrund an.

luncatic
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von luncatic »

@raclette:
vielen Dank für das Musterbeispiel rechter Parolen. Alle gängigen Rhtoriktechniken eingesetzt:
- Verahrmlosung (waren ja erst 17)
- Abwertung der Gegner (haben sich nicht damit beschäftigt)
- Beschwichtigungen (wuren ja nach 85 nicht mehr veröffentlicht)
- vermeintliche Beruhigung (haben sich distanziert, kämpfen jetzt für das Gegenteil)
- Suggestion (verstehe, dass das unbequem ist)
- Diffamierung (keine Ahnung, nicht damit auseinandergesetzt)
usw.

Dne braunen Dreck, den du da von dir gibst, braucht kein Mensch, schon gar nicht in der Schule. Glücklicherweise senisbilisieren wir inzwischen schon 5. Klässer für genau diese Rheortik, um noch mehr rechtes Gedankengut in diesem Land zu verhindern. Nicht genug, dass der Verfassungsschutz tuief drinne steckt, nein, jetzt wollen die Rechten auch noch als Lehrer direkt in den Schulen ihren Nachwuchs rekrutieren...

Shiik
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von Shiik »

Öhm,..ich finde die Reaktion auf ein "Jugendtatoo" etwas übertrieben.


Da könnte man ja auch sagen, "keine gläubigen Lehrer an die Schule", weil in der Bibel steht, man soll Gleiches mit Gleichem vergelten, z.B.. Das passt ja nicht in unsere Auffassung von Demokratie.

chrisy
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von chrisy »

Aus Sicht eines unaufgeklärten Jugendlichen vom Lande, kann ich ihre Beweggründe, sich der Gruppe anzuschließen, nachvollziehen. Dennoch muss man sie warnen, aufklären und da raus holen. Meine Schüler haben sehr viel Vertrauen zu mir, daher weiß ich meist mehr als die Eltern und oft lassen sie sich durch mich eher beeinflussen. Dennoch ist es eine Gradwanderung, da ich nicht sagen kann "Alles Rechte ist Mist. Schaut, was du damals gemacht haben usw..." - genau das treibt sie dann nämlich zur rechten Szene hin. Meist ist es auch eher der Patriotismus, der sie treibt, der Wille, etwas zu verändern. Aber dadurch, dass sie nicht wissen wie sie etwas bewirken können, schließen sie sich der rechten Szene an - die will verändern, die will alles verbessern, die lässt leicht verständliche Parolen verlauten, die nimmt die Jugendlichen auf, die umgarnen sie und ja, die meisten sind nicht mal auf den AH-Trip, sondern sehen Vieles sogar kritisch - natütürlich kommt es dabei auch auf den Bildungshintergrund an.
Schön, dass du das Thema auch anpackst. In den Lehrerzimmern, die ich bisweilen kennenlernen durfte war dies nicht der Fall. Zumal viele Jugendliche heutzutage rechtsextremistisches Gedankengut pflegen und dieses als solches gar nicht erkennen (siehe Globalisierungskritik, Querfront etc.).

Ein guter Ansatz ist wie ich finde, den Jugendlichen Stereotype aufzuzeigen und sie selbst erkennen zu lassen, mit welchen Vorurteilen sie selbst belegt werden. Sehr gute Anregungen und Unterstützung findest du hier: http://www.amadeu-antonio-stiftung.de. Lobenswert ist, dass hier der Ansatz nicht durch moralische Belehrung aus der Geschichte erfolgt.
"Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen."

LatinaTeacharin
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Re: Verbeamtung/Amtsarzt und ein besonderes Tattoo

Beitrag von LatinaTeacharin »

In den Lehrerzimmern, die ich bisweilen kennenlernen durfte war dies nicht der Fall.
Und wie viele sind das?

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