Holocaustleugnung in der Schule?!

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LatinaTeacharin
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Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von LatinaTeacharin »

Es ist keine Körperverletzung, sondern die Aufnahme des jüdischen Säuglings in die Religionsgemeinschaft. Ohne Beschneidung ist man nicht Teil der Gemeinde, daher steht sie nicht zur Diskussion. Dass gerade die Deutschen diese Debatte führen ist unglaublich, da sie jüdisches Leben unmöglich macht.
Das ist deine Sicht auf die Dinge. Ich persönlich halte es eher mit "dem Kaiser, was des Kaisers, und Gott, was des Gottes...". Und m.E. nach haben sich Religionen und Religionsgemeinschaften ALLER ART der weltlichen Macht unterzuordnen. Wieso darf das Kind nicht später frei entscheiden, zu welchem Glauben es sich (nicht) bekennen möchte? ... Das Problem ist nur, dass die Vorhaut dann schon weg ist. Wer die Beschneidung von Jugen aus religiösen Gründen akzeptiert und für gut betrachtet und darin NUR eine symbolische Handlung sieht, der ist (religiös) fanatisch. Es ist und bleibt Körperverletzung an einer Person, die sich nicht wehren kann und diesen Schritt nicht aus freien Stücken geht.

Es führt jetzt sehr weit weg, aber müsste man dann nicht auch die Beschneidung (oder sollte ich sagen Verstümmelung?) von Frauen [in Afrika] für gut/angemessen/in Ordnung/... befinden? :roll:

Sorry, aber das geht mir zu weit: es darf sich jeder mit jedem zum beten, meditieren, singen oder sonstwas treffen - aber der Körper einer jeden Person MUSS unverletzt bleiben. Entscheidet sich jemand als Jugendlicher / Erwachsener für einen solchen Eingriff - aus welchen Gründen auch immer - dann ist das völlig in Ordnung. Eine Körperverletzung als
Aufnahme des jüdischen Säuglings in die Religionsgemeinschaft
darzustellen, ist einfach nur unterirdisch und verkennt jegliche Werte des Grundgesetzes. Und diesem haben sich Religionsgemeinschaften zu beugen.
Ohne Beschneidung ist man nicht Teil der Gemeinde, daher steht sie nicht zur Diskussion.
Habt ihr es mal über die Kirchensteuer versucht, ein Zugehörigkeitsgefühl bei den Mitgliedern zu entwickeln? Okay - noch flacher wäre nur: Ohne Vorhaut - aber mit Glied. :mrgreen: :mrgreen:
Dass gerade die Deutschen diese Debatte führen ist unglaublich, da sie jüdisches Leben unmöglich macht.
"Die Deutschen" - war das nicht mal ein TV-Format im Öffentlich-rechtlichen? ... Ansonsten doch recht pauschal.

nele

Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von nele »

Über die Frage, ob die angenommen Forderungen einer bronzezeitlichen Stammesgottheit als für heute so allgemeinverbindlich angesehen werden können, wie es Muslime, Christen und Juden gerne hätten, kann man lange, trefflich und ohne Ergebnis streiten. Die rechtstaatliche Würdigung des Sachverhalts - egal, wie sie ausfällt - funktioniert zum Glück anders und mit dem Thema der Holocaustleugnung hat das alles nichts zu tun.

Ebensowenig, wie eine sachlich erzielte Einschätzung der Außen- und Innenpolitik des Staates Israel - egal, ob sie positiv oder negativ ausfällt - in einem Zusammenhang mit der Religionszugehörigkeit oder Nationalität des Betrachters steht.

Können wir bitte alle sorgfältiger bei der Kategorientrennung sein?

Nele
Zuletzt geändert von nele am 11.09.2012, 20:06:50, insgesamt 1-mal geändert.

Lysander
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Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von Lysander »

Fränzy hat geschrieben:Hallo,
- Was würdet ihr denken, wenn ihr in einem Land leben würdet, in dem täglich Anschläge geschehen. In dem ihr nicht einmal ohne Angst in einen Bus steigen könntet? In dem ihr in eurem Haus Gasmasken hättet?
Isoliert betrachtet ist das schrecklich - keine Frage. Die Frage suggeriert aber auf der moralischen Ebene, dass die Ursachen primär dafür bei "den anderen" zu suchen wären.
Niemand verdient es, Opfer eines Anschlags zu werden - das steht außer Frage. Aber hier sollte man auch als Israeli (ob auch als Jude lasse ich bewusst offen) die Ursachen nicht monokausal betrachten.
- WAs würdet ihr denken, wenn ein "Tätervolk" sich dann auch noch das Recht herausnimmt, euch zu verurteilen.
Und hier liegt das Grundproblem. Die moralische und juristische Schuld Teile meiner Großelterngeneration wird hier als moralischer Maulkorb verwendet. "Weil Deine Großelterngeneration Schuld auf sich geladen hat, darfst Du heute Israel nicht kritisieren."

Und wer wird hier konkret verurteilt? (Alle) Juden? (Alle) Israelis? Nein. Es wird eine Politik kritisiert, die als aggressiv und unrecht empfunden wird.

Wenn ich Klein-Ali in meinem Unterricht ermahne, weil er stört, dann ermahne ich ihn nicht wegen seiner Herkunft oder seiner Religion, sondern weil er stört. Und wenn er dann die Ausländerfeindlichkeitskeule rausholt, ist das eigentlich ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die tatsächlich unter Xenophobie zu leiden haben.
Persönlich meine ich darüber hinaus, dass viele Menschen, die Gelegenheit nutzen, um ihren Antisemitismus mit Israelkritik zu kaschieren und gleichzeitig auszuleben. Die akutelle Beschneidungsdebatte kommt noch dazu. Ich finde es vollkommen unmöglich, dass diese Debatte überhaupt geführt wird - egal ob für muslimischen oder jüdischen Kontext.
Und ich glaube, dass der Israelkritik allzu oft mit Antisemitismusvorwürfen begegnet wird, um die Kritiker moralisch mundtot zu machen.

Nur am Rande:

Was ist eigentlich mit den palästinensischen Frauen und Kindern, die u.U. gar nichts mit Terroristen zu tun haben und bei israelischen Vergeltungsangriffen ums Leben kommen oder im Zuge israelischer Wirtschaftssanktionen sterben?
Gruß
Lysander

Das beste Argument gegen Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit einem durchschnittlichen Wähler. (W. Churchill)

Pattzer

Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von Pattzer »

nele hat geschrieben:Über die Frage, ob die angenommen Forderungen einer bronzezeitlichen Stammesgottheit als für heute so allgemeinverbindlich angesehen werden können, wie es Muslime, Christen und Juden gerne hätten, kann man lange, trefflich und ohne Ergebnis streiten. Die rechtstaatliche Würdigung des Sachverhalts - egal, wie sie ausfällt - funktioniert zum Glück anders und mit dem Thema der Holocaustleugnung hat das alles nichts zu tun.
Die Frage, Bräuche welcher Religion wir als schützenswert ansehen und welche nicht, führt aber meiner Ansicht nach zu keinem guten Punkt.

Glücklicherweise ist es so, wie Du schreibst - es wird anders gehandhabt. Früher oder später wird sich das Bundesverfassungsgericht damit befassen, ob der Schutz der körperlichen Unversehrtheit oder der Anspruch auf Religionsfreiheit (der Eltern) höher zu bewerten ist.

chrisy
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Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von chrisy »

Ich sehe weit und brei kein "Tätervolk". Verbrechen, die begangen wurden, wurden von damals lebenden Menschen ausgeführt und (stillschweigend) geduldet/nicht verhindert.
Dafür aber etliche Jahre später das Land weiterhin zu "bestrafen", ist meiner Ansicht nach nicht in Ordnung.
Verstehe den Begriff so: Du als Individuum bist kein Täter und kannst dank Gnade später Geburt nicht für Vergangenes beschuldigt werden. Du gehörst jedoch "den Deutschen" an. Du jubelst vielleicht für die Nationalmannschaften, favorisierst deutsche Technikprodukte und fühlst dich geschmeichelt, wenn man im Ausland über deine Heimat als das Land der Dichter und Denker spricht. Zu all diesen Errungenschaften in der Geschichte der Deutschen gehören aber auch Ereignisse wie der Holocaust. Dieser wurde maßgeblich von den Deutschen organisiert und durchgeführt. Dafür kannst du nichts, aber du gehörst auf Gedeih und Verderb dem Volk an, welche dies in der Vergangenheit begangen haben.
Dennoch sehe ich nicht, warum Deutschland/einzelne deutsche Bürger schweigen müssten, wenn sie Israel kritisieren.
Eine gefährliche Satzkonstruktion, denn dieses Verbot ist inexistent. Wer verbietet dir Kritik an Israel?
Selbstverständlich darf es nicht um Kritik an "den Juden" gehen, aber sachlich vorgetragene Kritik an der Politik eines - mittlerweile ja befreundeten - Staates muss doch möglich sein, oder?!
Sicher, es kommt aber in diesem speziellen Fall sehr auf den Tenor an, wie man etwas kritisiert. Kritik mit bspw. Bezug auf die deutsche Vergangenheit sind immer ein No-Go, da sie stets in der Täter-Opfer-Umkehr landen.
"Weil Deine Großelterngeneration Schuld auf sich geladen hat, darfst Du heute Israel nicht kritisieren."
Auch hier: WER verbietet dir dies? Wo steht dies niedergeschrieben. Wer kann hierfür als Referenz genannt werden, dass dem so ist?
Und ich glaube, dass der Israelkritik allzu oft mit Antisemitismusvorwürfen begegnet wird, um die Kritiker moralisch mundtot zu machen.
Diese Phrase kommt auch gerne sehr schnell. Man denke noch an Walser, Möllemann und Co. als bekanntere Repräsentanten solcher Debatten. Bisher waren die medialen Aufschreie in der Regel berechtigt, aus obig angeführten Gründen.
Was ist eigentlich mit den palästinensischen Frauen und Kindern, die u.U. gar nichts mit Terroristen zu tun haben und bei israelischen Vergeltungsangriffen ums Leben kommen oder im Zuge israelischer Wirtschaftssanktionen sterben?
Das Problem ist, dass man sehr wohl um diese Frauen trauern kann und sich empören darf. Man sollte aber vielleicht hier auch prüfen, wieso es solche Opfer gibt. Die Hamas feuerte bisher nicht ohne Grund gerade aus Kindergärten und Krankenhäuser ihre Granaten nach Sderot und Co. Man mag die Beeinflussung der Medien hier nicht unterschätzen, das zeigt heute nicht zuletzt bspw. der Fall al-Dura. In aller Regel berichten die Medien bei gewaltsamen Konflikten im Nahosten auch mittels der Erstnennung der Vergeltungsaktion, worauf, wenn überhaupt, erst im weiteren Textverlauf ersichtlich wird, dass hier eine Reaktion auf einen Angriff erfolgte. Und dass diese Reaktionen meist deutlich erfolgen kann man verstehen, wenn man sich die Charta der Hamas einmal angesehen hat.
"Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen."

Pattzer

Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von Pattzer »

chrisy hat geschrieben:
Dennoch sehe ich nicht, warum Deutschland/einzelne deutsche Bürger schweigen müssten, wenn sie Israel kritisieren.
Eine gefährliche Satzkonstruktion, denn dieses Verbot ist inexistent. Wer verbietet dir Kritik an Israel?
Ich verstehe einige Passagen aus Fränzys Kommentaren so - etwa
Fränzy hat geschrieben:Ich sehe persönlich nicht ein Tätervolk, allerdings kommt Kritik aus Deutschland in Israel und auch hier schlecht rüber. Zeit heilt nicht alle Wunden.

Fränzy
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Re: Holocaustleugnung in der Schule?!

Beitrag von Fränzy »

Lysander hat geschrieben:
- WAs würdet ihr denken, wenn ein "Tätervolk" sich dann auch noch das Recht herausnimmt, euch zu verurteilen.
Und hier liegt das Grundproblem. Die moralische und juristische Schuld Teile meiner Großelterngeneration wird hier als moralischer Maulkorb verwendet. "Weil Deine Großelterngeneration Schuld auf sich geladen hat, darfst Du heute Israel nicht kritisieren."

Und wer wird hier konkret verurteilt? (Alle) Juden? (Alle) Israelis? Nein. Es wird eine Politik kritisiert, die als aggressiv und unrecht empfunden wird.

Wenn ich Klein-Ali in meinem Unterricht ermahne, weil er stört, dann ermahne ich ihn nicht wegen seiner Herkunft oder seiner Religion, sondern weil er stört. Und wenn er dann die Ausländerfeindlichkeitskeule rausholt, ist das eigentlich ein Schlag ins Gesicht aller Menschen, die tatsächlich unter Xenophobie zu leiden haben.
Persönlich meine ich darüber hinaus, dass viele Menschen, die Gelegenheit nutzen, um ihren Antisemitismus mit Israelkritik zu kaschieren und gleichzeitig auszuleben. Die akutelle Beschneidungsdebatte kommt noch dazu. Ich finde es vollkommen unmöglich, dass diese Debatte überhaupt geführt wird - egal ob für muslimischen oder jüdischen Kontext.
Und ich glaube, dass der Israelkritik allzu oft mit Antisemitismusvorwürfen begegnet wird, um die Kritiker moralisch mundtot zu machen.

Nur am Rande:

Was ist eigentlich mit den palästinensischen Frauen und Kindern, die u.U. gar nichts mit Terroristen zu tun haben und bei israelischen Vergeltungsangriffen ums Leben kommen oder im Zuge israelischer Wirtschaftssanktionen sterben?
Das Problem ist nur, dass es von den (meisten) Juden nicht so sachlich gesehen wird (werden kann?)

Und: Antisemitismus ist leider immer noch ein Problem. Ich würde mich hüten in der Schule irgendetwas über meine Religion verlauten zu lassen, da ich überhaupt keine Lust habe mich von Schülern blöd anmachen zu lassen. Als ich einmal einen Davidstern anhatte (weil ich im Anschluss auf eine Beerdigung bin) haben mich sicher 5 Schüler voller Entsetzen gefragt: "aber Sie gehören doch nicht zu denen??".

Die Siedlungspolitik halte ich natürlich auch für fragwürdig, mal am Rande bemerkt.
שָׁלוֹם

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