Geschichte unterrichten - aber wie?

Habt ihr Fragen speziell an Ehemalige? Einige Junglehrer, die auch in der Referendarsbetreuung tätig sind, versuchen euch zu helfen.
Natascha84
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Registriert: 04.10.2010, 19:17:46

Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von Natascha84 »

Hallo zusammen!

Ich bin noch nicht lange im Ref., daher sei mir diese Frage vielleicht verziehen...
Bin momentan ziemlich aufgeschmissen. Bisher lief alles gut, dann die Fachleiter-Besuche und ich fühle mich wie der letzte Idiot. Insbesondere in Geschichte. Das andere Fach geht so. Ich habe keine Ahnung mehr, wie ich den Unterricht vorbereiten, planen und durchführen soll. Themen sind Weimarer Republik, Machtergreifung Hitlers. Also so fachwissenschaftliche gesehen ziemlich große Gebiete.
Das Schulbuch finden meine Seminarleiter sch..., daher soll ich vor allem mit Quellen und schulbuchfremden Darstellungstexten arbeiten. ?!?! Versteh die Welt nicht mehr.

Vielleicht kann mir jemand von euch Helfen? Wie strukturiert ihr den Unterricht vor? Wonach richtet ihr euch, wenn ihr unterrichtet? Wälzt ihr die fachwi Literatur und findet nen eigenen Weg oder lest ihr viele Lehrerbände ... richtet ihr euch nach dem Schulbuch??? Nach den Schülern?

Gibt´s Bücher wo KONKRET drinsteht, wie ich das angehen kann? (Theorie (d.h. Klafki und Co kann ich bis zum Umfallen... aber die Praxis... :| )

Danke vielmals.... hoffe, hier weiß irgendwer Rat...

Cassandra
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Re: Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von Cassandra »

Puh, das ist eine sehr schwierige Frage, da mir das nie so ging.

Zunächst einmal hat Geschichte ja schon 2 Orientierungspunkte:

1. Chronologie:

Geschichte versteht sich nur aus ihrer Geschichte heraus, daher muss man die Chronologie auch einhalten. (Anders bei thematischen Querschnitten, z.B. "Jugend im Nationalsoszialismus und heute" oder "Die Rolle der Frau Industrialisierung und in der DDR" oder irgendwie sowas)
Und daher resultiert auch der nächste Punkt:

2. Zusammenhänge:
Es reicht nicht, den Fokusauf bestimmte Kriterien zu legen, sondern eben den Zusammenhang zu sehen. Dass Hitler so erfolgreich war, lag nicht nur an seiner Redegewandheit oder an der wirtschaftlich schlechten Lage. Man kann solche Aspekte nie gesondert anschauen, sondern immer als Teil des Ganzen.

Nun zu meiner Vorgehensweise:
Prinzipiell orientiere ich mich am Lehrplan bzw. am Buch. Wenn ich damit nicht zurecht komme, schaue ich in andere Schul(!)bücher und hole mir die Anregungen.
Fachwissenschaftliche Literatur lese ich nur dann, wenn ich selbst keine Ahnung zum Thema habe. Aber warum soll ich es mir selbst schwer tun und das didaktisch-methodisch umändern, wenn es dazu Schulbücher, Lehrerhandreichungen oder Arbeitshefte gibt.

Quellenarbeit gehört für mich unbedingt in den GU, sei es mit Textquellen, Bildquellen oder auch Hör- und Filmquellen. Insofern haben deine Fachleiter auf jeden Fall Recht.

wie bist du denn bisher vorgegangen? Was hast du als Einstieg gewählt, wie waren die Arbeitsschritte? Wie erfolgte die Sicherung? Wenn du etwas mehr über deine Art des Unterrichtens schreibst, kann ich dir evtl besser helfen!

Lass dich nciht entmutigen! ;)
☼ Fertig seit 09/09 ☼

Malin
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Re: Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von Malin »

Unterrichtest Du in der Sek I oder Sek II?
Ansonsten funktioniert es immer gut von einer Problemfrage auszugehen - die die Schüler idealerweise auch selbst erarbeiten.
Mal sehen für welche Stufe du planst, dann können die Vorschläge konkreter werden.
älzt ihr die fachwi Literatur und findet nen eigenen Weg oder lest ihr viele Lehrerbände ... richtet ihr euch nach dem Schulbuch??? Nach den Schülern?
Ich erfinde das Rad nicht ständig neu. Wie Cassandra nutze auch ich Lehrerhandbücher und zusätzlich weitere Schulbücher oder zusätzliches Unterrichtsmaterial unterschiedlichster Herkunft - es gibt so viel auf dem Markt, klar, alles muss auf die Klassensituation angepasst werden, aber das ist wesentlich weniger Arbeit als alles neu selbst zu erstellen (für Alltagsstunden! Schaustunden sind immer eine Sache für sich).
Nach den Schülern kann ich mich nur begrenzt richten (Lehrplan) - aber die Problemfragen kann man ja durch die Einstiege beeinflussen und lenken.

Hubselzwerg
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Re: Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von Hubselzwerg »

Natascha84 hat geschrieben: Das Schulbuch finden meine Seminarleiter sch..., daher soll ich vor allem mit Quellen und schulbuchfremden Darstellungstexten arbeiten. ?!?!
Na, hoffentlich erklärt der Fachleiter den Eltern dann auch, warum das teure Schulbuch nicht benutzt wird und sie Kopiergeld zahlen müssen

Das ist doch nunmal der Schulalltag, dass man auch mal mit Schulbüchern arbeiten muss, die Mist sind. Weil die Fachkonferenz aus irgendwelchen Gründen der Meinung war, das Buch sei toll
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chrisy
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Re: Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von chrisy »

Vielleicht hilft dir der Begriff "Geschichtsbewusstsein" weiter - da spielt auch Quellenarbeit eine wesentliche Rolle. Quellenarbeit (vergleichend/interpretierend) sollte das Ziel haben aufzuzeigen, das Geschichte immer perspektivisch ist (Es gibt nicht die Geschichte - was wiederum allerdings natürlich nicht geschichtsrevisionistische Dinge wie Holocaustleugnung legitimieren soll!). Bei Quellenarbeit sollte man stets Fragen nach: Intention des Verfasser, Rolle des Verfassers, Herkunft der Quelle und deren zeitlichen Abstand zum berichteten Geschehnis.

Du kannst die Textquellenarbeit durchaus mit handlungs-und produktionsorientierten Methoden des Deutschunterrichts verbinden - je nach Klassenstufe.

Ansonsten: Bild- und Sachquellen einbeziehen, oral history - Zeitzeugenbefragungen ect. sind alles wichtige Bestandteile des GU.

Dringend abraten würde ich von Rollenspielen - da diese gerne ein falsches Bild vom Damals konstruieren.
Na, hoffentlich erklärt der Fachleiter den Eltern dann auch, warum das teure Schulbuch nicht benutzt wird und sie Kopiergeld zahlen müssen

Das ist doch nunmal der Schulalltag, dass man auch mal mit Schulbüchern arbeiten muss, die Mist sind. Weil die Fachkonferenz aus irgendwelchen Gründen der Meinung war, das Buch sei toll
Richtig, die Bücher kosten nicht wenig. Muss man halt abschätzen, wann man anderweitige Quellen nutzt. Gerade für Klausuren aber würde ich - als Anfänger - mich auf die Inhalte des Schulbuchs und der Mitschriebe berufen.
"Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen."

Domino77
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Re: Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von Domino77 »

Hi,
wenn du noch didaktische Literaturtipps brauchst, die an der Schulpraxis dran sind, kann ich dir Michael Sauer und Peter Gautschi empfehlen. Die Bücher der beiden erleichtern mir das Planen des Unterrichts ungemein.
Bei der Planung meiner Reihen orientiere ich mich am Lehrplan, am Kerncurriculum der Schule (im besten Fall gibt es so etwas an eurer Schule) und natürlich am Schulbuch. Ich habe eine Vielzahl an Lehrwerken und Handreichungen und vergleiche bei meinen Planungen und suche mir das passende Material zusammen. Bevor du deine Reihe bzw. deine Einzelstunden planst, solltest du immer dein Stundenziel vor Augen haben. Wenn du das formuliert hast, geht die Materialsuche und Methodenauswahl meistens wie von selbst :wink:
Je nachdem an welcher Schulform du unterrichtest, kann ich dir die Hefte der Bundeszentrale für politische Bildung empfehlen. Zum einen kannst du dich anhand der Hefte relativ schnell und gut in ein Thema einarbeiten und zum anderen sind die ein riesiger Fundus an Inhalten für den Unterricht.

Miepsy
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Re: Geschichte unterrichten - aber wie?

Beitrag von Miepsy »

Hey,

ich verstehe aus deinem Bericht nicht, wo bei dir genau der Schuh drückt aber vielleicht ein paar grundlegende Dinge, wie ein guter (von Fachleitern geliebter) Unterricht aussehen sollte:

Planung:

1. Versuch dein fachwissenschaftliches Wissen auf das Wesentliche zu konzentrieren. Sprich didaktische Reduktion! Das solltest du dir für jede deiner Stunden hinter die Ohren schreiben. Die Weimarer Republik ist ein weites Feld. Überlege dir, welche Themen hier wichtig sind und was die SuS am Ende der Reihe wissen sollen. Also: 1. Schritt: Thema der Stunde (sollte schon immer Problemorientiert sein, siehe Punkt 3) und überlege dir genau, was die SuS am Ende deiner Stunde wissen sollen.

2. Suche dir für deine Lernziele geeignetes Material, an dem man das gut verdeutlichen kann. Es reicht nicht, dass du nur das Schulbuch deiner Schule besitzt. Lege dir einen Grundstock an Geschichtsbüchern an, den du immer weiter aufstockst. Als Geschichtslehrer musst du immer Jäger und Sammler sein. Ich sichte zu Beginn mehrere Quellen, Verfassertexte etc. und überlege, welches Material dein Lernziel am ehesten verdeutlicht. Glaube mir, es hilft sehr, wenn man viele Bücher hat, in denen man Material findet.

3. Wenn ich das Material gefunden habe, suche ich nach einem motivierenden, tollen Einstieg (zugegeben das klappt nicht in jeder Stunde; im UB jedoch ein Muss!!!)
Der Einstieg sollte zur Problemfrage der Stunde passen. Plane deine Stunde direkt unter einem möglichen Problemaufwurf, wie: Der 9. November 1918 - Die Republik wird zweimal ausgerufen...- Welche Republik soll es sein?" oder " Der Versailler Friedensvertrag - Ein Diktatfrieden?" usw.
Diese Problemfrage sollten sich in der Stunde dann irgendwann auch deine SuS stellen: Aber eben nicht so, dass du die Frage vorgibst, sondern durch einen gelungenen Einstieg, der diese Problemfrage aufwirft. Bei Problem Nr. 1 könntest du beispielsweise die Aufrufe von Scheidemann und Liebknecht gegenüber stellen und daran durch geschickte Fragetechnik die SuS dahin lenken, dass sie sich die Frage selber stellen oder so.... musst du mal schauen... so genau bin ich da in dem Thema jetzt auch nicht drin. Prinzipiell eignen sich Bilder, Karikaturen, kontroverse Zitate, Brainstorming, etc. alles gut für Einstiege. Wichtig ist, dass der Einstieg zur Problemfrage passt. Er sollte nicht in die Irre führen oder künstlich sein! Das ist schwierig und knifflig, aber vor dem nächsten UB solltest du versuchen viel Zeit darauf zu verwenden!

4. Auf die Problemfrage zu Beginn solltest du am Ende der Stunde zurückkommen! Das macht die Stunde schön rund.

Wenn du diese Dinge umsetzt, sollte dein FL im nächsten UB nichts mehr zu meckern haben.
Ansonsten: Die sind da um dich zu beraten! Auch wenn sie fies, gemein und kritisch sind, uns nerven und wir sie manchmal hassen.... sie bieten dir die Chance besser zu werden. Also sei offen für Kritik, stelle sicher, dass du sie verstanden hast und Alternativen mit ihnen erarbeitest. Dann klappt das schon alles!

PS: Ich bin mir sicher, dass dein Unterricht auch so gut ist, nur eben nicht so, wie ihn der FL haben will. Im normalen Unterrichtsalltag ist es natürlich auch mal total ok mit dem Buch zu arbeiten!

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