Zentralabitur - Chance oder Angriff auf den Föderalismus?

Umfrage und Diskussion über das aktuellste schulpolitische Thema

Bundeseinheitliches Zentralabitur - Chance oder Gefahr? (Achtung: nur eine Antwortmöglichkeit!)

Ja, ich bin uneingeschränkt für ein bundeseinheitliches Zentralabitur.
19
35%
Im Zuge der Globalisierung und der international vergleichbaren Master-Studiengänge sollte auch das deutsche Abitur vergleichbar sein.
11
20%
Durch ein Zentralabitur wird endlich auch die Studienplatzvergabe gerechter.
9
16%
Nein, ein einheitliches Zentralabitur ist nicht hilfreich.
8
15%
Das Zentralabitur ist nicht nötig, denn regionaler Wettbewerb belebt das Bildungsgeschäft.
2
4%
Wir brauchen kein Zentralbitur, denn die Staatsexamina und die Masterprüfungen an den Universitäten sind schließlich auch nicht bundeseinheitlich.
6
11%
 
Insgesamt abgegebene Stimmen: 55

admin
Site Admin
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Registriert: 29.01.2005, 19:09:18
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Zentralabitur - Chance oder Angriff auf den Föderalismus?

Beitrag von admin »

Die Forderung nach einem bundeseinheitlichen Zentralabitur ist wieder auf dem Tisch.
Mindestens drei Länder - Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen - planen ab 2011 in Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache eine einheitliche zentrale Abituraufgabe zu stellen.

Das Zentralabitur - eine Chance oder eine Gefahr für unser Bildungssystem?

Giftzwerg
Beiträge: 512
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Beitrag von Giftzwerg »

Ich weiß, welche Schwierigkeiten und pädagogischen Diskussionen ein bundesweites Zentralabitur auslösen würden. ABER: Ich finde es unmöglich, dass Bildung Ländersache ist. Das kann einfach nicht sein. Kinder, die von einem Bundesland in ein anderes ziehen müssen, haben große Schwierigkeiten, weil es teilweise andere Fächer gibt. Es muss vielleicht kein Zentralabi sein. Aber einheitliche Fächer und Lehrpläne sollten eingeführt werden.
Es ist nicht schlimm, wenn man mal hinfällt. Schade ist es, wenn man liegen bleibt.
Klassenleitung einer 6. und einer 7. Klasse.

THX-1138
Beiträge: 562
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Beitrag von THX-1138 »

Wäre schön, wenn Bundes-ZA zu einer Chance für einen Angriff auf den Föderalismus werden würde.

hannah12
Beiträge: 104
Registriert: 01.03.2007, 22:52:48

Beitrag von hannah12 »

Irgendwie find ich es schwierig, mich genau für eine Antwort zu entscheiden, wenn es drei positive und drei negative gibt...

Ich fände es gut, wenn es deutschlandweit gleich ist, das Argument mit den Studienplätzen trifft auf jeden Fall zu.

Fränzy
Moderator
Beiträge: 6797
Registriert: 20.11.2005, 16:17:06
Wohnort: BW, Berufsbildende Schule (VAB, BEJ, BF)

Beitrag von Fränzy »

ich stelle mir die organisation allein fast schon zu schwierig vor, denn Zentralabi heißt, dass alle klausuren an jeweils dem gleichen tag geschrieben werden. wie soll das gehen? das hieße vermutlich auch, dass ferientermine gleich gelegt werden müssten. auch die, der sommerferien, denn sonst hätten einige länder den vorteil, dass ihr schuljahr länger wäre.
außerdem müssten die schulsysteme der länder angeglichen werden, denn in manchem land gibts noch LK und GK, was es in BW z.B: nicht mehr in der form gibt.

grundsätzlich finde ich ein landesweit zentrales abitur wünschenswert, aber nur mit abstrichen ein bundesweites.

Kajana
Beiträge: 369
Registriert: 06.07.2006, 16:28:04
Wohnort: Sachsen (Gym)

Beitrag von Kajana »

Das einzigste, was ich problematisch fände, wäre, dass alle Bundesländer gleichzeitig Ferien hätten, wobei sich auch heutzutage einige Wochen überschneiden und es auch Staus und lange Wartezeiten auf Flughäfen gibt, wenn nur ein oder zwei BuLänder mit den Ferien beginnen bzw. enden.

Ich finde, die Vorteile eines Zentralabis überwiegen. Vor allem könnten dann die Unis nicht mehr ihr eigenes Süppchen bei der Zulassung zum Studium kochen und Bewerber aus anderen BuLändern runterstufen. Ich finde das irgendwie diskriminierend, schließlich kann kein Schüler etwas für die Bestimmungen seines Landes und hat sich genauso Mühe gegeben wie der eines anderen Landes.

Und: andere Länder bekommen es doch auch geregelt.

Klar, es würde einige Veränderungen im Schulsystem nach sich ziehen und jedes BuLa wird sicher erstmal schreien "unser System ist das Beste und muss übernommen werden". Daher bin ich für eine völlige Neugestaltung der deutschen Schullandschaft: Grundstufe/Sek. I in einer Klassengemeinschaft bis einschließlich Klasse 7, Wechsel zur weiterführenden Schule ab Klasse 8 mit gewissen Spezialisierungen (Musik, Kunst, Sprachen, Naturwiss.-Mathe etc.), aber OHNE Kurssystem und Abwahl einzelner Fächer.
Schriftliche Prüfung in Deutsch, Mathe, 1. Fremdsprache und einer Naturwissenschaft. Mündliche Prüfung in mind. 2 Fächern, maximal 5, je nach Notwendigkeit.

Ich stelle das mal zur Diskussion... 8)

Ulysses
Beiträge: 3348
Registriert: 30.09.2006, 20:13:09
Wohnort: Bayern

Beitrag von Ulysses »

ich persönlich halte nichts vom Zentralabitur, da die Bildungskulturen und die gesellschaftlichen Strukturen der einzelnen Bundesländer doch zu verschieden sind. zwischen Bremen und Bayern oder Schleswig-Holstein und dem Saarland bestehen doch erhebliche Unterschiede.

man müsste ja nicht nur die Abiturprüfungen vereinheitlichen, sondern auch die Lehrpläne, die Kriterien für den Übertritt zum Gymnasium, die Ferienpläne und und und ... unendlich viele Dinge, die es zu harmonisieren gilt, und da befürchte ich endlose Streitereien, die letztendlich dazu führen könnten, dass man sich nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen kann, was die Gesamtqualität in den Keller sinken lässt.

außerdem habe ich das Gefühl, dass die Kultusministerien damit nur die Verantwortung für irgendwelche von ihnen selbst verschuldete Missstände nach oben abgeben wollen. oder warum sollte das sonst so auf seine Eigenständigkeit und sein angeblich überlegenes Abitur so stolze Bayern plötzlich ein Zentralabitur wollen? ist es Zufall, dass der Vorschlag ausgerechnet jetzt kommt, wo allmählich deutlich wird, dass man mit dem überhastet eingeführten G8-Karren an die Wand fährt? :roll: ... ich bin mißtrauisch und glaube nicht, dass die Geschichte gut überlegt ist ...

abgesehen davon halte ich es gerade in einer globalisierten Welt, in der man mit so vielen unterschiedlichen Nationen und Bildungskulturen konkurrieren muss, nicht gerade für sinnvoll, gerade im eigenen Land auf die Konkurrenz zu verzichten, die ja das Geschäft belebt und dazu führt, dass sich das beste System durchsetzt. wir Bayern sind jetzt anscheinend von Thüringen, Sachsen und Baden-Würrtemberg überholt worden, was die Qualität unserer Schulausbildung angeht.

und jetzt lamentieren wir darüber, dass gefälligst die Sachsen, Thüringer und Württemberger mit uns zusammen ein einheitliches Abitur machen sollen? das klingt doch so hohl wie es wahrscheinlich gemeint ist: wir kaschieren unsere eigenen Mißstände, indem wir die anderen in ein mit uns vergleichbares System zwingen, und so müssen wir uns nicht darum bemühen, nach unseren eigenen Fehlern zu suchen. das ist wie in der Geschichte mit dem berühmten Einäugigen, der sich nicht wünscht, zwei Augen zu haben, sondern dass alle anderen nur ein Auge hätten!

ich bin gegen ein bundesweites Zentralabitur, weil ich fürchte, dass es nur insgesamt den Bildungsstandard sinken lassen würde. besser wären nationale Vergleichstests zwischen den einzelnen Ländern, die ermitteln, welches Abitur bzw. welche Schulausbildung besser und welche schlechter ist, und dann müssen sich die einzelnen Länder darum bemühen, jeweils die besten Schnitte im Vergleichstest zu erzielen. so zieht man sich gegenseitig hoch, anstatt seine eigenen Mißstände hinter dem großen bundesweiten Zentralismus zu verstecken.

nur so können wir auf einem globalisierten Bildungsmarkt mit unseren Abituren mithalten.

übrigens: die international vereinheitlichten Master-Studiengänge an den Unis sind da kein Argument, vereinheitlicht ist ja nur der Titel "Master", der ja doch in jedem Land auf anderen Studieninhalten beruht. und auch an den deutschen Unis gibt es immer noch keinen Zentralmaster, trotzdem halten sich unsere Absolventen ziemlich gut auf dem internationalen Arbeitsmarkt.

jedenfalls müssen die paar zehntausend Akademiker, die jährlich für lukrative Jobs ins Ausland abwandern, doch etwas gelernt haben und können, wenn sie die lukrativen Jobs kriegen, oder? das haben sie auch ohne Zentralmaster, -diplom oder -magister geschafft 8)

und im übrigen halte ich es grundsätzlich für ein Vorurteil, dass Zentralismus wirklich besser ist als Föderalismus ... :D
Bayern, Gymnasium, Latein/Geschichte.
LAss seit Februar 2008 -- Planstelle an einem überaus elitären :mrgreen: städtischen Gymnasium
[i]... causas viresque perquirere rerum ...[/i]

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