Burnout im Referendariat

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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Lenya
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Lenya »

Hm, ich fühle mich insofern direkt angesprochen, als ich auch viel Kritik am Schulsystem übe und auch das "Machtgefüge" im Referendariat als sehr einschränkend empfunden habe.
Und ja, diese Zeit war anstrengend und sehr hart, aber nicht "die schlimmste Zeit meines Lebens".

Ich kann nur immer wieder sagen: Nach meinem Gefühl unterschätzen viele Referendare die Hinweise, die sie vorher bekommen. Ich wusste, dass es hart wird, und so war es auch. Es kann aber gut sein, dass sich jemand, der denkt "Die übertreiben" ganz schön umschaut ;)

Zu Burnout kann ich wenig sagen, ich habe selbst keine Erfahrung damit. Ich kann nur sagen: In meinem Seminar war man hart aber fair, wenn im Seminar die zweite Komponente wegfällt kann ich mir durchaus vorstellen, dass die Belastung noch steigt.
LG, Lenya

Severine
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Severine »

Die Diagnose "Burnout" ist immer noch eine, mit der vorsichtig umzugehen ist. Ich will nicht behaupten, dass es all das nicht gibt, unter dem die Leute so leiden, wenn ihnen gesagt wird, sie hätten ein Burnout. Meine Mutter ist Psychotherapeutin und sie sagte mal, dass sie neulich auf einem Kongress über "Burnout" dikutiert hätten, weil vieles dafür spricht, dass es eine Form der Depression ist. Doch damit sind immer noch ganz viel Scham-und Schuldgefühle verbunden, weil sich Menschen damit oft als "Schwächling" fühlen und auch oft noch wahrgenommen werden, wogegen der Begriff "Burnout" immer siganlisiert, das sich da aber jemand sehr, sehr angestrengt hat, also dem Leistungsideal unserer Gesellschaft entspricht.
Diese Überlegungen fand ich interessant.

donaldinho
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von donaldinho »

das problem ist meiner meinung nach nicht das machtgefüge sondern der arbeitsumfang. man muss ja nur mal zusammenrechnen - gehe da mal von mir aus:

ca 25h die woche an der schule an sich. 9 h die woche im seminar. dann 13 unterrichtsstunden vorbereiten, keine doppelten stunden, im schnitt 2,5 h vorbereitungszeit macht 32,5 h die woche vorbereitungszeit.

dann kommen noch KAs, nachbereitungen etc im umfang von 4h die woche.

dazu kommen in meinem fall noch 5 h nebenjob pro woche weil die 800€ netto abzüglich 80€ monatskarte und 20€ unterrichtsmaterialen, einfach nicht ausreichen und wohngeld nicht bewilligt wird.

macht 75,5 h arbeitsumfang pro woche. dann kommen noch einmal im monat hospitationen für die man immerhin eine halbe bachelorarbeit schreibt.

natürlich kann man einen teil der vorbereitung in den ferien erledigen, womit diese zeit reell sinkt. ich war die ersten tage der weihnachts- oder winterferien allerdings zu kaputt um auch nur eine klausur vorzubereiten. erst nach vier, fünf tagen "reha" ging dann wieder halbwegs was.

burnout hin- burnout her ist ja ein inflationärer begriff.

ich könnte mir an sich schon vorstellen auf dauer so viel zu arbeiten. dann aber parallel noch an allen ecken und enden zu sparen, nur billigen discountermist zu futtern, sich keinen ausgleich in form materieller belohnung können zu gönnen...
dann noch die vorwürfe von partner, freunden und familie weil man ja alle ach so vernachlässigt (als würde einem die situation selber spaßen) die zusätzlich zum stress noch ein schlechtes gewissen aufkeimen lässt.
dann noch null anerkennung von irgend einer seite. finde ein lob hier & da schon auch mal wichtig.
das alles stresst die seele natürlich.

naja. ich denke trotzdem zum "burnout" gehört mehr als nur beruflicher stress, weshalb ich mich da nicht bedroht fühle.

scheisse isses, ja. haben samstag 8.30 und ich starte in mein 20h arbeits we. jetzt vorbereiten, nachher nebenjob, morgen vorbereiten. freie tage gibt es NUR in den ferien.

ich kann zur zeit ganz gut damit umgehen, indem ich mir einfach jeden tag ins gedächtnis rufe das ich körperlich gesund bin, ein dach über dem kopf und immer noch immer einen vollen magen habe. denke das sind die drei grundpfeiler im leben.

der rest kann nur besser werden. es sind nur zwei jahre (ich will definitiv diesen abschluss) und die beiträge der berufswechsler hier haben mir auch neuen ansporn (falls ich den job einfach auch auf dauer nicht mit einem normalen leben kombinieren kann) gegeben.

so zu denken hilft einem in der situation in die man sich durch die wahl des studienfaches gebracht hat eher, als sich mit diplomern aus dem freundes- und bekanntenkreis zu vergleichen die schon längst ihre 2000 netto abgreifen, jedes zweite wochenende ordentlich einen draufmachen und überlegen obs über ostern nun nach new york oder bangkok geht...

nele

Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von nele »

Ich habe die Unteroffiziersausbildung bei der Bundeswehr als sehr viel transparenter und psychisch und emotional viel weniger belastend empfunden als das Referendariat.

Mir hat das schon zu denken gegeben, bei dem Selbstverständnis von Schule, das wir in Deutschland aus gutem Grunde haben.

Nele

donaldinho
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von donaldinho »

was ich allerdings noch anmerken muss: ich denke, eine unteroffiziersausbildung birgt für jeden unteroffizier die selben herausforderungen. ein referendariat hingegen kann schon wesentlich entspannter sein wenn man an einer großen schule ist und jede stunde zwei- oder gar dreimal halten kann.

ebenso ist eine mathestunde in sek I schneller vorbereitet und eine arbeit schneller kontrolliert als z.b. berufsbezogener fachoberschulunterricht für den man sich erstmal selber in die thematik hereinlesen muss.

sollte immer bedacht werden wenn man über arbeitsbelastungen an sich spricht :wink:

meine vorschläge: seminar und schriftliche arbeit fürs zweite SE wegkürzen (5 jahre hochschultheorie sollten reichen!?) & evtl bezüge etwas anheben.
mmn: mit 1100€ netto würde ich mich abgesichert fühlen und hätte einen nebenjob sowie ein paar finanzielle sorgen weniger.

Lingusepp
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Registriert: 22.03.2010, 12:36:03

Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Lingusepp »

Ich kann nicht ganz nachvollziehen, wie du auf derartige Arbeitszeiten kommst. Findet das Seminar bei euch nicht zumindest teilweise innerhalb der Schulzeit statt? Das Gefühl, niemals fertig zu werden, kenne ich allerdings auch. Was mir echt geholfen hat, war, meine tatsächliche Arbeitszeit minutengenau aufzuschreiben, ohne Pausen, Internet, Kaffee trinken etc. Erstens arbeitet man dann effektiver, zweitens merkt man, dass die tatsächliche Arbeitszeit deutlich unter der gefühlten liegt. Das wiederum gibt einem ein gutes Gefühl. Habe dann gemerkt, dass ich in wirklich harten Wochen eine Nettoarbeitszeit von 48-50 Stunden hatte (mit zwei Korrekturfächern), ansonsten aber meist so um die 35 Stunden gondelte. Nimm dir auf jeden Fall einen Tag in der Woche völlig frei, das braucht man einfach. Ich hab's auch gemacht und meine Noten haben bisher nicht drunter gelitten.

Jméno
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Jméno »

donaldinho hat geschrieben:ca 25h die woche an der schule an sich. 9 h die woche im seminar. dann 13 unterrichtsstunden vorbereiten, keine doppelten stunden, im schnitt 2,5 h vorbereitungszeit macht 32,5 h die woche vorbereitungszeit.

dann kommen noch KAs, nachbereitungen etc im umfang von 4h die woche.

dazu kommen in meinem fall noch 5 h nebenjob pro woche weil die 800€ netto abzüglich 80€ monatskarte und 20€ unterrichtsmaterialen, einfach nicht ausreichen und wohngeld nicht bewilligt wird.

macht 75,5 h arbeitsumfang pro woche.
Wie kommst Du denn auf diese Zahlen? Wenn Du 13 Stunden pro Woche Unterricht hast, wieso bist Du 25 Stunden pro Woche in der Schule? Sollten das Freistunden sein: Wieso bereitest Du nicht in diesen Stunden Deinen Unterricht fort? Und was unterrichtest Du, dass Du 150 Minuten Vorbereitungszeit für 45 Minuten Unterricht brauchst?
…он је метафора, начин живота, угао гледања на ствари!

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