Burnout im Referendariat

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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donaldinho
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von donaldinho »

da hast du sicher recht. keine ahnung woher der innere drang zum perfektionismus kommt. früher war ich auf jeden fall nicht so :mrgreen:

da vorne legt man halt seine performance vor 25 bis 30 augenpaaren hin. die sehen wahrscheinlich wirklich viel viel weniger als man eigentlich denkt.

zur möglichen ursache muss ich bezugnehmend zu meinem studium sagen: in den praktika und didaktikseminaren wurde halt immer jedes unterrichtskonzept penibel und minutiös auseinandergenommen, zerlegt, nach jedem fehler gesucht, ständig gebohrt: "warum so, warum nicht anders" usw usf.
letztendlich hatte ich da stets das gefühl, es zählt vor allem, was auf dem papier steht und das man sich während der stunde nicht verspricht, jede frage nahezu perfekt und wie verschriftlich formuliert bla bla bla... aber kaum die persönlichkeit oder ebend einfach mal, dass "die schüler die wesentlichen inhalte nach den 45 minuten verinnerlicht oder wenigstens im hefter haben"

das mag alles irgendwo seine berechtigung haben, ist aber realitätsfremd und führt glaube dazu, dass man sich irgendwann ewig die birne über jede einzelne minute im unterricht zermartert (wie könnte es besser sein, ist das so auch WIRKLICH der optimale weg).

Maike80
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Maike80 »

donaldinho hat geschrieben: da hast du sicher recht. keine ahnung woher der innere drang zum perfektionismus kommt.
Weil m. E. von uns perfekt durchgeplante Stunden erwartet werden, wir jedoch keinerler Vorerfahrungen haben, (in meinem Fall zumindest) relativ wenige konkrete Unterstützung durch Mentoren und Studienleiter erhalten, wir nebenbei 10-15 Stunden eigentverantwortlich unterrichten müssen, gerne auch jede zweite Woche irgendeinen Ausflug organisieren, Hausaufgaben für Seminare und Module vorbereiten müssen, wie voll ausgebildete Lehrkräfte eingesetzt werden, wie Schüler behandelt werden... ähm...mir fällt sicher noch mehr ein...

Ach ja, und nebenbei sollen wir aber so tun, als würde uns das alles total leicht fallen, einen Riesen Spaß bringen - gestresst?! - niemals...

Ich kann mir wirklich nicht erklären wo dieser
innere drang zum perfektionismus
herkommt.... :roll:

donaldinho
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von donaldinho »

ja dass man zu lehrproben, hospis etc perfektionismus an den tag legt ist das eine. dass sich das auch auf jede andere, "normale" stunde überträgt das andere. ich denke schon, dass ein (für mich) erster schritt in die richtige richtung ein bisschen mehr entspanntheit wäre.

und naja, ich würds wie gesagt nichtmal so sehr aufs referendariat schieben. kann mich an (nur theoretisch erstellte) entwürfe zu beginn des studiums erinnern. da wurde in der fachdidaktik zum teil echt aus jeder fragestellung eine wissenschaft gemacht, über welche dann 10, 15 minuten diskutiert wurde :roll:

einen gedanken den ich hier bezüglich des lehramtsstudiums noch nachschieben möchte: eventuell ist es auch kontraproduktiv, die pädagogischen und didaktischen inhalte während eines studiums ausschließlich in die hände von doktoren & professoren zu legen, die das letzte schulgebäude im jahr 1961 (zur zeugnissvergabe ihrer abiture) von innen gesehen haben...

es ist nicht verkehrt, sich in der theorie hochwissenschaftlich mit dem unterrichten an sich auseinanderzusetzen. nur vermittelt ausschließlich diese sichtweise ein komplett verzerrtes bild von gutem unterricht, leider auch mit zum teil vollkommen falschen prioritäten...

JuliNK
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von JuliNK »

Ich verstehe die aggressiven Reaktionen zu dem Eingangspost nicht so ganz. Ich befinde mich noch im Studium und mache gerade meinen Master. Ich habe aber schon von so vielen Freunden, die im Ref sind, gehört, dass sie es unheimlich hart finden und sich oft überfordert fühlen. Die Person hier ist also kein Einzelfall und da sollte man denke ich nicht so kaltherzig reagieren.

Maike80
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Maike80 »

donaldinho hat geschrieben:ja dass man zu lehrproben, hospis etc perfektionismus an den tag legt ist das eine. dass sich das auch auf jede andere, "normale" stunde überträgt das andere
Ich übertrage diesen Perfektionismus nicht auf jede Unterrichtsstunde, aber dennoch schüttele ich eine Unterrichtsstunde für die Oberstufe auch nicht mal so eben aus dem Ärmel. Aber auch nicht perfekte Stunden wollen geplant sein. Lehrproben finden bei uns in SH im Schnitt alle zwei Wochen statt, der Mentor kommt auch regelmäßig mit in den Unterricht (und viele erwarten dann Stunden auf Lehrprobenniveau).
Hinzu kommen ja noch Klausurkorrekturen, Elterngespräche, Konferenzen, Ausflüge und pipapo. Von den Modulen/SEminaren, die teilweise ja auch vor- und nachbereitet werden müssen, ganz zu schweigen. Zudem ist bspw. 4 Stunden vor einer Klasse zu stehen, ein (teilweise) enormer Lautstärkepegel etc. gerade am Anfang in den unteren Klassen (die man zumeist auch noch nicht so gut im Griff hat) auch unglaublich anstrengend. Auch ohne LPen und Module/Seminare würde das Pensum, das man als blutiger Anfänger zu leisten hat, für eine volle Stelle reichen... Nicht umsonste fangen viele nach dem Ref. erstmal mit einer halben oder 3/4 Stelle an (was ja schon fast dem Pensum des Unterrichtens im Ref. entspricht).
Wenn man selbst noch nicht unterrichtet, ist das glaube ich nur sehr schwer nachzuvollziehen... Auch "ältere" Lehrer können sich da glaube ich teilweise nicht mehr so gut reinversetzen.
JuliNK hat geschrieben:Ich verstehe die aggressiven Reaktionen zu dem Eingangspost nicht so ganz.
Das verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht...

nele

Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von nele »

Nicht macht so ineffizient wie Perfektionismus.

Und Ineffizienz kostet so viel Zeit, dass weder Privatleben noch Raum für Interessen außerhalb der Schule übrigbleibt; das wiederum führt dazu, dass der Lehrer intellektuell und kulturell verarmt.

In anderen Worten - der Lehrer, der auf Dauer die berüchtigten "110%" gibt, wird unweigerlich ein schlechter Lehrer.

Nele

Maike80
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Re: Burnout im Referendariat

Beitrag von Maike80 »

nele hat geschrieben:Nicht macht so ineffizient wie Perfektionismus.
Wo hast du denn die Weisheit her? :) Ich glaube ohne Perfektionisten wären wir in der Wissenschaft nicht so weit, wie wir es heute sind.

Nichts desot trotz stimme ich zu, dass
nele hat geschrieben:der Lehrer, der auf Dauer die berüchtigten "110%" gibt, unweigerlich ein schlechter Lehrer.
wird.
Frage mich jedoch, warum zum Teufel uns dann dieser Perfektionismus im Referendariat antrainiert wird, warum nicht mehr die Kompetenzen gestärkt werden, die wir im Lehrerberuf brauchen? Ich brauche mittlerweile doppelt und dreimal so lange dafür, eine Stunde vorzubereiten, als am Anfang des Ref. Warum lernen wir nicht Strategien, wie man eine Stunde kurz und effizient vorbereiten?

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